Fitnesswahn & Sportzwang - Wenn Sport zum Feind wird! Erfahre meine 8 Tipps, um deinen Sportzwang loszulassen
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Was steckt hinter Sportzwang?
Kennst du das Gefühl, dass du Sport machen musst, obwohl du keine Lust danach verspürst und diese Woche schon 5-6 Mal trainiert hast oder laufen warst? Du hast das Gefühl die Kontrolle darüber zu verlieren, ob du Sport machst oder auch eine Pause einlegst? Und merkst, dass du schlecht gelaunt und unruhig wirst, wenn du versuchst keinen Sport und eine Pause zu machen? Und gleichzeitig ersehnst du eigentlich eine Auszeit und leidest darunter so häufig “trainieren zu müssen”? Diese drei Merkmale - Kontrollverlust, Abhängigkeit und Leidensdruck - beschreiben einen Sportzwang.
Wenn du merkst, dass du in letzter Zeit immer mehr mit deiner Workoutroutine struggelst, du dich danach erschöpfter als aufgeladener fühlst, merkst, dass du keinen Bock mehr darauf hast zu trainieren, frustriert bist und dich durch reine Willenskraft pushst oder auch merkst, dass du dich permanent mit Insta-Workout-Reels oder anderen vergleichst, dann sind die folgenden Zeilen und dieser Artikel für dich!
Sportzwänge sind keine Seltenheit, sie werden seit den 70’er Jahren in der Forschung untersucht und treten vor allem im Leistungssport, aber auch als sekundäre Folge und stetige Begleitung von Essstörungen auf. Viele junge Menschen leiden darunter und dennoch finden sie gesellschaftlich noch kaum Beachtung.
Sportzwänge sind keine klassifizierte Erkrankung, dadurch werden sie oft nicht behandelt und fallen unter den Radar. Doch sie können unserer Gesundheit deutlich schaden. Denn Bewegung ist gut und wichtig für unsere seelische und körperliche Gesundheit, doch zu viel Bewegungen und exzessives Training bei gleichzeitigem Auslassen von Regenerations- und Ruhephasen schadet unserem Körper.
Viele von uns leiden an und unter einem Sportzwang und benennen es nicht!
Die meiste Zeit meines Lebens habe ich Sport gemacht, um zu gefallen. Sowohl mir als auch anderen. Und um Kalorien zu verbrennen. Angefangen mit Workouts, unterstützt von Diät- und Fitnessplänen, Gewichtstraining, Ausdauertraining, dabei restriktives Essen. Das alles begleitete meinen Alltag für eine ganze Zeitspanne, selbst als ich Yoga schon lange kannte und es fester Bestandteil in meinem Alltag und Leben war.
Es gab diesen Teil in mir, der schlanker sein wollte und dafür trainierte ich.
Viele von uns kennen genau dieses Phänomen und diesen Antrieb um Sport zu machen. Selbst wenn wir Sport und Bewegung an sich mögen und schätzen. Die Fitnessindustrie aber auch Werbung verdient damit einen Haufen Geld. Von kleinauf bekommen wir beigebracht, dass unser Körper gut aussehen sollte und was „gut“ bedeutet ist dabei visuell klar dargestellt - schlank, trainiert, flacher Bauch, dünne Beine, knackiger Po, straffe Haut und keine Körperfalten!
Selbst wenn sich die letzten Jahre langsam Veränderung breitmacht und Diversität auf dem Vormarsch ist; viel zu viele von uns leiden noch unter diesen Schönheitsidealen und nutzen Sport um abzunehmen und den Körper zu kontrollieren, anstatt uns dadurch fernab von irgendwelchen vorgegebenen Idealen etwas Gutes zu tun!
Was genau bedeutet Sportzwang?! Und wie können wir feststellen, ob wir darunter leiden?!
Ich verrate dir drei Fragen, die dir dabei helfen zu erkennen, ob du einen Sportzwang entwickelt hast. Und teile mit dir meine Erfahrung und was mich dabei bestärkt hat den Sportzwang loszulassen.
3 Fragen, um Sportzwang festzustellen
- • Wirst du unruhig, wenn du Trainingseinheiten skippst?
- • Hast du das Gefühl „nur hartes Training ist wahres Training“?
- • Fällt es dir schwer Regenerationsphasen „auszuhalten“, bei Krankheiten oder während deiner Periode auf deinen Körper zu hören und nicht zu trainieren ohne dies anderweitig (weniger essen etc., langer Spaziergang) zu kompensieren?
Falls du die meisten Fragen davon mit „Ja“ beantwortet hast, dann kommt hier der absolute Zuspruch: Nichts an dir ist falsch! Sportzwänge treten sehr häufig auf und wir alle sprechen noch viel zu wenig darüber.
Wenn wir einen Sportzwang entwickelt haben, geht das meist mit einer Unzufriedenheit am eigenen Körper und Aussehen einher - egal ob phasenweise, Stellenweise oder dauerhaft - oft auch mit Essstörungen und dem Gefühl „den eigenen Körper kontrollieren zu müssen“.
Wir erleben das meist nicht bewusst und der Prozess einen Sportzwang zu entwickeln ist oft schleichend. Denn Sport an sich tut ja gut und ist auch etwas Wohltuendes und Gutes für unsere Gesundheit. Doch wenn es zu viel und zwanghaft wird, dann kann er uns emotional und auch körperlich schädigen.
Die Gemeinheit an unserem kollektiven Sportzwang
Ich habe unzählige junge Menschen kennengelernt, die mit diesem Thema kämpfen und irgendwie redet fast keine:r von uns offen darüber. Wir leben immer noch ein Kollektives Bewusstsein, dass uns sagt, dass Sportzwänge attraktiv und erstrebenswert sind. Social Media ist voll von Fitness- und Workoutreels und abled, schlanken Körpern, die irgendwelche Workouts oder auch Yoga- oder Pilatesflows vormachen. Diese Botschaften prägen uns und unseren Umgang mit Sport und unserem Körper. Viel zu häufig machen wir Sport aus einem Leistungsgedanken, anstatt aus einem positiven Benefit für unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit. Dabei gehen wir viel zu häufig über unsere Grenzen.
- Sportzwänge sind viel verbreiteter als wir denken und wir sprechen viel zu wenig darüber, weil sie noch viel zu sehr als „Erfolgssymbol“ gelten.
Warum viele von uns erst merken, wenn wir erkranken, dass wir über Grenzen gegangen sind
Wie viele von uns musste ich erst erkranken, um zu begreifen, dass ich permanent auch beim Sport über meine Grenzen ging und mir zu wenig Regenerationszeit erlaubte. Und das durch Zwänge und ein falsches Ideal, das ich irgendwann entwickelt hatte und aufrechterhielt. Und zwar weit über mein Wohlbefinden und meine Grenzen hinaus.
Auch ich habe beim Tanzen, wie viele von uns, bereits in frühen Jahren gelernt, und auch beim Schulsport und allen Leistungssportarten ist das häufig der Fall, dass eine Verletzung nicht „das Aus“ bedeuten muss, sondern lediglich heißt, dass wir „die Zähne zusammenbeißen und uns doller anstrengen müssen“. Meine perfektionistische Tendenz setzte noch einen drauf und so praktizierte ich garantiert 15 lange Jahre über meine Grenzen hinaus, bis nichts mehr ging. Und wenn ich sage, nichts mehr ging, meine ich nichts mehr ging.
Ich konnte einfach keinen Sport mehr machen. Diese Phase dauerte knapp sechs Monate und alles was ich in der Zeit machte, war, meinen Körper langsam, sanft, viel auch liegend auf meiner Yogamatte zu bewegen, irgendwann langsam zu flowen und ab und an ein Workout zu machen, um dann wieder festzustellen, dass genau das noch nicht drin war. Und diese Tatsache lernen zu akzeptieren.
Unser Körper ist immer für uns!
Immer!
- Diesen Prozess und vor allem den Wandel zu akzeptieren viel mir extrem schwer. Ich kam mir viel schwächer und fauler als vorher vor und irgendwie vor allem verunsichert. Ich fragte mich nicht nur einmal in dieser Zeit, „Was ist mit meinem Körper plötzlich los?“. Doch tief in meinem Inneren wusste ich, dass es Zeit war loszulassen und einfach nur zu fühlen und mir zu erlauben zu sein. Und zwar in allen meinen Facetten.
Der Ursprung unseres Fitnesszwangs
Unsere Sport- und Fitnesspraxis und selbst oft unsere Yogapraxis ist kapitalistisch geprägt. Was ich damit meine ist: sie ist an Prinzipien wie - hart, ausdauernd, leistungsorientiert, Gewinn bringend, Ergebnis orientiert, Zähne zusammen beißend - orientiert. Sie ist durch und durch auf Wachstum und Leistung ausgelegt.
Doch wir brauchen ebenso einen weicheren Anteil in unseren Workouts: der auf Empfangen, loslassen, regenerieren, sein, fühlen und genießen besteht.
Das klingt logisch und jeder fitnessaffine Mensch weiß, dass Regeneration einen großen Teil im Workoutplan ausmachen sollte, um Wachstum zu erreichen. Aber genau das ist der Punkt. Oftmals betrachten wir diesen Teil als „negatives, halt notwendiges Übel“, um mehr Wachstum zu erreichen und pushen damit wieder den Zwang und die Leistung. Selten betrachten wir diesen Teil als gleichwertig. Und das obwohl sich unser Innerstes danach sehnt.
Ich habe noch keinen sporttreibenden Menschen mit Sportzwang kennengelernt, der sich insgeheim nicht nach mehr Regeneration, Loslassen und nicht machen zu müssen sehnt.
Meistens wird dieses Bedürfnis mit Cheatdays, Restdays, die dann völlig passiv sind und Fastentagen kompensiert, um das aufkommende schlechte Gewissen zu stillen.
- Denn oben benannte Kognitionen wie „Ich bin faul“, Ängste wie „was ist wenn ich dick werde“, sind Ausdruck einer Sucht und eines Zwanges bei dem seelischer Druck entsteht, wenn wir ihm nicht nachgehen, der sich eben in Form von einem schlechtem Gewissen, Schuld- und Schamgefühlen und solchen selbstabwertenden Gedanken zeigt.
Was hilft um den Sportzwang loszulassen
Doch wie kommen wir aus dieser destruktiven und selbstschädigenden Spirale raus?!
In dem wir es als aller Erstes merken, uns wirklich bewusst machen und Awareness bilden, die aufsteigende Angst beim Loslassen eben mit loslassen und unsere weichere Seite umarmen und beginnen wertzuschätzen. Und ich weiß, das ist leichter gesagt als getan! As always.
Aber es ist eine zwingende Notwendigkeit, wenn wir wieder Spaß beim Sport haben und uns dadurch vor allem etwas Gutes tun wollen anstatt uns weiter zu schädigen.
Hier sind vier Dinge, die mir geholfen haben und teilweise auch wissenschaftlich belegt sind:
- • Wann brauche ich Regeneration? Wann fühle ich sie?
- • Wann fühle ich mich körperlich sicher?
- • Wann muss ich nichts tun und darf empfangen?
- • Wann halte ich körperlich fest und werde verspannt?
- • Wann pushe ich mich durch? Gibt es einen Zusammenhang mit emotionalem Stress?
Verstehe deine Neurobiologie und lerne deinen Körper zu verstehen! Mir haben dabei diese Fragen geholfen:
Mache dir bewusst, dass bei zu vielen harten (yang) Trainingseinheiten Stressreaktionen ausgelöst werden, die zur Ausschüttung von Cortisol führen und deinen Hormonstoffwechsel negativ verändern. Bspw. kann, wenn du menstruierend bist, dein Progesteronwert sinken, da unser Körper bei zu viel und langanhaltenden Stressphasen Progesteron abknappst, um ausreichend Cortisol produzieren zu können.
Durch zu viel hartes Training und ein permanentes über deine körperlichen und emotionalen Grenzen gehen, wird ausserdem dein Immunsystem aktiviert und irgendwann überaktiviert. Dadurch können Entzündungsprozesse entstehen und Regenerationsprozesse werden gehemmt. Das alles führt zu einem „Mangel-Stoffwechsel“ und schädigt uns und unsere Organe!
Baue regelmäßig Yin Yoga und Restoratives Yoga oder Stretching in deine Woche mit ein. Das hilft uns auch emotional unsere Yin-Seite zu umarmen. Erlaube dir dich langsam zu bewegen, einfach nur zu liegen und zu atmen und zu sein!
Lerne deine Monatszyklus kennen und in seinen einzelnen vier Phasen verstehen und verbinde deinen Monatszyklus mit deiner Bewegung! Und ich sage das bewusst so: Sport ist Bewegung und darf von bis reichen und von Tag zu Tag und Phase zu Phase unterschiedlich aussehen und sich anfühlen.
Sag’ deinem Körper öfter (mehrmals die Woche am besten :)) DANKE! Und mache dir bewusst, was dein Körper alles für dich macht ohne dass du etwas dafür tun musst! Bei chronischen Erkrankungen kann das an machen Tagen und in manchen Phasen schwerfallen, I know the pain, aber dein Körper ist immer für dich!!! Wirklich immer!
Nutze Breathwork, um mit aufkommenden oder darunter liegenden Ängsten, wie bspw. „der Angst vor Gewichtszunahme“ oder davor dich unwohler zu fühlen als zuvor, zu copen und diese zu integrieren.
Entwickle ein unabhängiges Selbstwertgefühl durch Selbst-Mitgefühl! Es ist wissenschaftlich belegt, dass wir unser Selbstwertgefühl relativ schlecht steigern können, wenn wir es durch eine reine Veränderung an Kognitionen alias „Glaubenssätzen“ versuchen, jedoch unfassbar gut steigern können, wenn wir unser Selbst-Mitgefühl trainieren. Starte also mit Selbst-Mitgefühl-Trainingseinheiten anstelle von Sporteinheiten. Wie das aussehen kann, zeigen wir dir in unseren Daya-Sessions!
Wir müssen Kollektiv heilen und neue Narrative schreiben!
Fangt an miteinander offen über Sportzwänge zu sprechen. Denn wir sind damit nicht alleine! Und müssen und dürfen kollektiv heilen!
- Unser Narrativ was „schöne Körper angeht“ - es gibt keine schönen Körper, Körper sind Körper! Und so viel mehr als schön - Sie sind ein perfektes Wunderwerk!!!
- Unsere Art uns so oft unbewusst und automatisch miteinander zu vergleichen und gegeneinander abzuwägen!
Und zum Abschluss ein kleiner Superhack, den ich dank der wunderbaren Alisa Vitti kennengelernt habe:
- Wenn dein Nerven- und Hormonsystem so richtig down ist, durch Jahrelange Überkompensation, dann mache Workouts, die kürzer als 30 Minuten sind, um dein Nervensystem nicht zu stressen!
Insgesamt gilt die Faustregel und das Prinzip:
Dein Körper ist dein Körper, du darfst dich nähren, dir Gutes tun, Sport darf deine Freundin sein und nicht dein Feind und dir vor allem dienen. Und wenn es dir nicht dient, dann gibt dein Körper, deine Seele und deine Gedanken dir ein klares Feedback und dann darfst du unbedingt JA zu dir sagen und deine Trainingseinheiten ohne Schlechtes Gewissen und mit einer riesengroßen Portion Mitgefühl skippen!!
In Liebe und aus vollem Herzen, danke, dass du bis hierhin gelesen hast :) Ich hoffe dieser Artikel dient dir.
Wenn du mehr davon willst, dann kann dich dieser Artikel zu Körpergefühl und Zyklus garantiert noch bestärken.
Deine Annalena